Geburts-Bericht von Mattis Lijan

Natürlich geboren

Hier bin ich 5 Minuten alt - und greife schon nach den Sternen
Hier bin ich 5 Minuten alt - und greife schon nach den Sternen

Ich will Euch mitnehmen und von unserer Geburt berichten.

Ich möchte niemanden anprangern für seinen Weg, den er für seine Geburt eingeschlagen hat. Sondern ich möchte Euch teilhaben lassen an der Magie, die wir erleben durften während der 2. Geburt.

Denn das war es: magisch, unfassbar schön, einprägsam. Ich bin immer noch voller Stolz und Glück wenn ich daran zurückdenke!

 

Ja, wo fängt man da an bei so einem Geburts-Bericht?

 

Laut klassischer Berechnung sollte unser 2. Wunder am 3.7.19 die Schwangerschaft beenden.

Meine Hoffnung auf ein Juni-Baby hatte sich eh schon "zerschlagen".

Und auch Anfang Juli tat sich nichts.

 

Ich hatte keine Lust mehr.

Der Bauch war groß und schwer. Das Wetter warm.

Der Alltag mit Räubertochter und schwanger einfach anstrengend.

Ich hatte dem Bauchzwerg schon längst gekündigt....

 

Doch schon die Räubertochter hatte ja den klassisch errechneten Termin um 13 Tage überschritten - was damals nicht so aufgefallen ist, da wir einen frühen Ultraschall hatten machen lassen und der errechnete Geburtstermin verschoben worden war....

Das war diesmal anders.

Und auch meine Hoffnung war ja eine andere gewesen....

 

Ab dem errechneten Termin wurde ich gebeten regelmäßig den Zustand von Kind und mir kontrollieren zu lassen. Das heißt konkret: alle 2 Tage CTG Kontrolle, spätestens ab ET+7 also eine Woche über Termin.

Wir hatten uns entschieden zum ET sowie ET+7 ein CTG machen zu lassen. Ebenso hatte ich einem Ultraschall an ET+7 zugestimmt.

Vor der Schwangerschaft hatte ich mich entschieden, so wenig Interventionen wie nur möglich machen zu lassen. Und die Schwangerschaft in Symbiose und intensiver Mama-Baby-Kommunikation zu erleben - und sozusagen mich auf mein Bauchgefühl zu verlassen.

 

Die Untersuchungen ab ET waren vor allem für meinen Mann von Bedeutung. Wir haben uns von Anfang an den Geburtsort offen gelassen. Ich habe mich auf alles vorbereitet. Ich wollte auf mein Bauchgefühl und mein Baby hören, ich wollte in der Situation selbst erst entscheiden, was gerade stimmig für uns erscheint.

Dank immer völlig unauffälliger Untersuchungs-Ergebnisse und einem sehr guten Kontakt zu meinem Bauchbewohner konnten wir diesen Plan so beibehalten....

 

Was die Situation besonders gemacht hat:

Mein Mann Ewald hat Ende Juni eine Weiterbildung begonnen und war jeweils Montag bis Freitag nicht bei uns - und hatte 1,5h Fahrzeit um zur Geburt dazuzukommen....

In der Woche um den ET hatte sich meine Schwester Urlaub genommen, um mich zu Hause zu unterstützen. Ich sage es Euch: Gold wert!

Die Wochen danach ist meine gute Freundin wieder eingesprungen, unsere Räubertochter und ihre Große konnten spielen und ich wurde bekocht und konnte mich schonen.

 

Schon ab der 38. Schwangerschaftswoche circa hatte ich regelmäßig nachts Senkwehen. 

Ich kann mich selbst abtasten und konnte so regelmäßig den Stand vom Gebärmutterhals sowie eine eventuelle Öffnung des Muttermundes kontrollieren.

 

Angefangen hat die Geburt eigentlich am 5.7. gegen 22Uhr: Ein kleiner Teil des  Schleimpropfes hatte sich gelöst. 

Woher ich weiß, dass es nur ein kleiner Teil war? Es war einfach sehr wenig...

Die Nacht war dann sehr ruhig.

Am nächsten Morgen wenige leichte Kontraktionen und gegen 15 Uhr ein weiterer Teil des Schleimpropfes.

 Aber sonst tat sich nichts. Weder nachts noch die kommenden Tage.

 

Also weiter im Alltag und weiter Abwarten.

Hebamme und Gynäkologin bestätigten meinen Tastbefund: Gebärmutterhals verstrichen, Kopf schön fest im Becken. Muttermund minimal Fingerdurchlässig. Und die Tage verstrichen.

Immerhin ging es mir deutlich besser: ich fühlte mich fitter!

 

Am Donnerstag  bei 41+1 also noch mal planmässig CTG-Kontrolle.

Ronja und ich waren zu Fuß in der Stadt und auf dem Spielplatz unterwegs. Befund: Nichts neues, alles geburtsreif aber es tut sich nichts. Samstag sollten wir wieder kommen (dann ET+10) und bis dahin über eine Einleitung nachdenken. Ich war froh wieder zu Hause zu sein am Donnerstag. Ronja und ich hatten dann einen wirklich gemütlichen Tag.

 

Ewald und ich haben dann beschlossen weiterhin alle 2 Tage noch jemanden auf den Bauchzwerg schauen zu lassen - aber die Einleitung bis +12 hinauszuzögern. Ich war mittlerweile sicher, dass es soweit kommen würde...

 

In der Nacht auf Freitag (11.-12.7.) hatte ich wie die Wochen davor Senkwehen, denen ich weiterhin keine Bedeutung zuschrieb. 

Ich konnte gut schlafen. Bis circa halb6.

Ich spürte stärkere Wellen als bisher. Es war gefühlt "anders".

Ich stand auf und ging in die Badewanne.

Hier wurden die Wellen unregelmäßiger aber nicht weniger stark.

Also informierte ich Ewald. Unsicher ob er sich auf den Weg machen sollte...

Gegen sieben wurde Ronja wach, wir machten gemeinsam Frühstück und starteten in den Tag.

Für 7:30 hatte ich mir noch mal einen "Marker" gesetzt um mit meinem Mann zu entscheiden ob er an diesem Tag in die Schule gehen sollte oder nicht.

Ich schickte ihn in die Schule - um ihn um 8:00 anzurufen und ihn zu bitten herzukommen. Immer noch unsicher ob es WIRKLICH endlich losgehen sollte oder ich einfach nur "so ein Gefühl hatte". Die Wellen waren zu dem Zeitpunkt sehr unregelmäßig, kaum schmerzhaft und zu veratmen und doch deutlich.

Um 9:30 kam Ewald bei uns an. Ronja hatte riesige Freude! 

Ich wurstelte weiter im Haushalt umher und versuchte genau in mich reinzuhören.

Dem Bauchzwerg ging es bestens, er war sehr aktiv (während der Schwangerschaft war der Bauchzwerg deutlich ruhiger im Vergleich zur 1. Schwangerschaft mit Ronja).

Und gegen 10 wurden die Wellen tatsächlich stärker.

Ich musste anfangen sie zu veratmen.

Ich war so voller Freude, Euphorie und Energie - endlich ging es los!

Recht schnell entschied ich mich wieder in die Badewanne zu gehen. Hier wurden die Wellen wieder unregelmäßiger jedoch nicht weniger stark. Ich hatte den Vernebler eingeschalten und entspannte in der Wanne.

Gegen 11:30 entschied ich mich doch noch mal aus der Wanne rauszukommen. Ich hatte das Gefühl, die Wehentätigkeit anregen zu müssen, indem ich laufe, tanze und mich bewege.

Doch während dem Beckenkreisen und Treppen steigen wurden die Wellen schmerzhaft. Ich musste nicht mehr nur veratmen sondern auch vertönen. Ronja kam hinzu: Wir erklärten, dass das Baby sich Platz macht und dass das weh tun kann.

Ich merkte, dass ich mich nicht fokussieren kann. Ich hielt es also nicht lange aus und ging zurück in die Wanne.

Die Wellen wurden stärker blieben aber weiter unregelmäßig.

Ich will nicht behaupten, dass ich es genossen habe - aber ich war so bei mir, konnte in Ruhe atmen, war ganz bei mir und meinem Baby und habe es als wunderschön erlebt, wie unreal  oder in Trance dabei intensiv und in vollstem Bewusst-Sein. Schmerzen empfand ich kaum, nur Dehnung.

Dank meiner Mantren war ich voll fokussiert und voller freudiger Erwartung.

 

Von Anfang an war Ewald sehr kritisch gegenüber einer Geburt zu Hause - erst ist ja Krankenpfleger und Notfallsanitäter und hat sich stets tausende Horrorszenarien ausgemalt. Seine größte Sorge war und ist es, nicht adäquat reagieren zu können und nicht alle medizinischen Möglichkeiten gehabt zu haben....

Wir hatten uns im Vorfeld darauf einigen können während der Geburt zu entscheiden ob und wann wir ins Krankenhaus fahren und dies stets gemeinsam zu entscheiden.

 

Ich saß also in der Badewanne und war ganz auf mich, mein Baby und die Geburt fokussiert.

Ewald hatte ich mehrmals zur Ronja geschickt. Ich wollte ihn rufen sobald ich etwas oder ihn bräuchte. Seine Berührung oder Nähe konnte ich während meiner Geburtsarbeit nicht aushalten - ich war froh allein zu sein mit dem Wissen um seine Anwesenheit.

 

 

Wellenarbeit in der Wanne
Wellenarbeit in der Wanne

Gegen 13:30 stieß Ewald wieder zu mir. Er machte sich Sorgen. Ich sei sehr blass und kaltschweißig. Für ihn war ein kritischer Punkt erreicht.

Einerseits wusste ich, dass die Wellen so stark waren, dass es nicht mehr unglaublich lange dauern könnte - andererseits waren die Wellen einfach nicht regelmäßig. Ich fühlte mich wundervoll und kam überhaupt nicht auf die Idee, die Badewanne verlassen zu wollen.

Der Druck wurde stärker und ich stellte mir jetzt vor, dass die Blase platze. Ich ahnte, dass wir uns in der Übergangsphase befanden und wollte es gleichzeitig nicht wahrhaben, dass die Geburt so schnell und einfach verlaufen war.

Und zwei Wellen später passierte es, die Blase platzte.

Ich wusste, dass ich jetzt dann gebären würde und wir nicht mehr ins Krankenhaus fahren könnten.

Ich rief Ewald hinzu.

Direkt nach dem Platzen der Fruchtblase begannen die Presswehen.

Welch eine Kraft!

 Ich rief meine Kraft heraus - und wir mussten im Anschluss jeweils über meine Aussagen kichern.

Ronja war das nicht Geheuer. Sie bat auf dem Handy etwas ansehen zu dürfen und wollte sich im Wohnzimmer hinsetzten und die Türe verschließen - was sie natürlich durfte. Wir fragten sie noch mal ob sie nicht dabei sein wollte und versuchten sie gleichzeitig sie in Ihrem Gefühl und Ihrem Willen zu bestärken. Sie blieb dabei.

Im Nachhinein habe ich die Presswehen als sehr viel intensiver erlebt als bei Ronjas Geburt. Nicht schmerzhafter oder schlimmer - intensiver, kräftiger. Ich war deutlich fokussierter auf den Fortschritt der Geburt. Ich wusste zu jeder Sekunde wo und wie das Baby liegt.

Ich kann nicht mehr genau sagen wie viele Wellen es waren. Vielleicht vier.

Dann spürte ich den Kopf durchtreten.

Zwei Presswehen später schlüpfte er wieder zurück.

Also von vorne.

Mit der nächsten Welle kam der Kopf - aber nur bis zur Hälfte. Ich schob kaum mit, ich ließ meinen Körper arbeiten.

Ewald wurde kurz nervös - er konnte den halben Kopf sehen und hatte erwartet er würde auf einmal geboren werden.

Ich beruhigte ihn.

Dieses Gefühl des halb herausgetretenen Kopfes ist das nachhaltigste von der Geburt.

Der Kopf kam vollständig mit der nächsten Welle.

Ich hatte gefühlt lange Pausen zwischen den Wellen.

Mein Körper schöpfte jeweils neue Kraft um mein Baby zu gebären.

Ich war im vollsten Vertrauen, alles lief perfekt.

Ich bat Ewald, mir zu helfen das Baby aus dem Wasser zu holen.

Ich konnte nicht spüren, dass sich das Baby drehte.

Die nächste Welle gebar unser Baby - in die Arme von seinem Papi.

 

Hier bin ich circa 1 Minute alt
Hier bin ich circa 1 Minute alt

 

 

 

Ewalds erste Worte: "Ach du Scheiße" (das Baby ist so blau!!) - er weinte vor Überraschung und Überforderung und Glück und war einfach überwältigt glaube ich.

Er durfte das Baby nur aus dem Wasser fischen und gab es mir sofort.

Ich konnte nichts fühlen. Ich redete mit meinem Baby.

Ich hatte mein Baby gerade geboren. Aus meiner eigenen Kraft heraus. Auch ich war überwältigt.

Ich redete mit meinem Baby, das nach ca 15 Sekunden erst die Augen geöffnet und dann Luft geholt hat.

Lange Sekunden, vor allem für Ewald.

Das Baby wurde rosiger. Alles war gut.

 

Wir bestaunten das Baby auf meinem Arm.

Ronja kam hinzu: Sie hatte das Baby weinen hören und wollte unbedingt ihren Bruder/Schwester kennenlernen.

Ja, was denn nun? Ewald durfte das Geheimnis lüften: Ein Mattis!

Die Befürchtung, dass Ronja sauer oder enttäuscht sein könnte, erwies sich als unbegründet. Sie verschwand sofort wieder um zu malen und Spielzeug zu holen.

 

 

Hier bin ich circa 5 Minuten alt
Hier bin ich circa 5 Minuten alt

 

 

 

 

 

Ich wollte gerne direkt stillen aber Mattis hatte andere Pläne. Er brauchte Zeit zum Ankommen.

Ewald half mir aus der Badewanne - was sich als nicht so einfach erwies mit der kurzen Nabelschnur, denn die Plazenta ließ sich ebenfalls Zeit.

Ich setzte mich vor die Badewanne, wir ließen uns in Handtücher wickeln und wir beschlossen in Ruhe hier auf die Plazenta zu warten.

Uns ging es super.

 

 

 

Ich stille das erste Mal
Ich stille das erste Mal

 

Nach circa 15 Minuten begann unser Baby auch an der Brust zu trinken.

Das war wichtig für die Oxytocin-Ausschüttung um die Plazenta zum gebären zu überreden.

Doch diese ließ sich weiter Zeit.

Fast 2 Stunden Zeit.

Wir blieben entspannt und doch machten wir uns in der Zwischenzeit Gedanken, "ob das schon noch ok sei". Wir hatten beide nach spätestens einer Stunde mit der Plazenta gerechnet. So hatten wir einfach aus der Situation heraus viel Zeit anzukommen.

Ich spürte einige deutliche Wellen, doch die Plazenta kam nie mit.

Ich nahm also nach knapp zwei Stunden nach einigen deutlichen Wellen meine ätherische Ölmischung zur Hand. Ich gab mein Baby meinem Mann, ging in die Hocke und massierte meinen Bauch. Dann endlich konnte ich etwas mitpressen und gebar die Plazenta.

 

 

Plazenta mit auspulsierter Nabelschnur direkt nach der Trennung vom Baby ca 2h nach der Geburt
Plazenta mit auspulsierter Nabelschnur direkt nach der Trennung vom Baby ca 2h nach der Geburt

 

 

Sie war vollständig.

Die Nabelschnur war schon einige Minuten nach der Geburt auspulsiert. Jetzt, zwei Stunden nach Mattis' Geburt war die Nabelschnur schon völlig leer.

Ewald band das Nabelbändchen nah bei Mattis um den Nabel und trennte ihn von der restlichen Plazenta.

Wir hatten uns schon im Vorfeld aus praktischen Gründen gegen eine Lotusgeburt entschieden.

 

 

Ich schickte Ewald mit den Kindern zum kuscheln ins Bett.

Ich duschte und zog mir unten rum etwas an und ging zu den Anderen.

Dort blieb ich den restlichen Tag.

 

Wir haben das ruhige Ankommen als Familie in vollsten Zügen genossen.

Auch wenn die Geburt so nicht unbedingt geplant war haben wir sie umso mehr genossen.

Ich habe die Geburt als magisch, friedvoll, ruhig, entspannt und kraftvoll in Erinnerung.

 

Und wir sind unendlich stolz, jeder in seiner Weise auf sich selbst und den Anderen.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Elke (Samstag, 20 Juli 2019 01:28)

    Sehr schöner Bericht! Herzlichen Glückwunsch!